Diversität und Homogenität in der Praxis antiker Rechte: Fallstudien

14.11.2025

Im Rahmen der Tagung soll anhand einzelner Fallstudien diskutiert werden, wie sich in der rechtspluralistischen Gesellschaft der griechisch-römischen Antike das Neben- und Miteinander, vielleicht auch das Gegeneinander einheimischer und fremder Rechte im Rechtsalltag manifestiert hat.

Auch ohne eine übergreifende staatliche Macht bieten bereits die selbständigen griechischen Stadtstaaten (poleis) hinreichend Anschauungsmaterial für Diversität und Homogenität. Trotz der – wenn auch in den einzelnen poleis oft unterschiedlich ausgeformten – einheitlichen griechi- schen Rechtsvorstellungen ist es auch aufgrund der kleinen Geltungsbereiche einzelner Stadt- rechte notwendig zu definieren, ob und wie sich Nichtbürger in das Leben des Gemeinwesens rechtlich integrieren lassen können. 

14. November 2025, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Johannessaal, Dr. Ignaz Seipel-Platz 2
1010 Wien

Unter römischer Herrschaft haben diese Probleme eine andere Dimension. Die Auswirkungen der Eingliederung des griechischen Ostens in das Imperium Romanum in der jüngeren Republik findet ihren Niederschlag in den für diese Provinzen geschaffenen Jurisdiktions-Edikten der Statthalter, welche dem Ausgleich römischer und lokaler Interessen Rechnung tragen mussten. 

Besonders deutlich lässt sich dieses Spannungsfeld anhand des Geschäftslebens der Provinzen beobachten, welches einerseits eine fortschreitende, auch rechtliche „Romanisierung“ erfuhr, andererseits aber gerade im griechisch-hellenistischen Osten des Reiches an althergebrachter, lokaler Rechtspraxis festhält, welche wiederum auch von in der Provinz ansässigen römischen Bürgern rezipiert worden ist. 

Paradigmatisch für diese Wechselwirkungen ist die Testierpraxis, da sie in besonderer Weise die Konfrontation lokaler Sozialstrukturen mit dem Recht widerspiegelt. Das schon innerhalb des römischen Rechts zu beobachtende Ringen um Anpassung an sich ändernde soziale Bedingun- gen erfuhr durch den Kontakt mit Instrumenten gewillkürter Erbfolge des griechisch-hellenisti- schen Rechtskreises neue Impulse.

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