Rückblick: 10 Jahre ErbRÄG

21.10.2025

Zwischenbilanz und Reformbedarf - Am 16. September 2025 fand im Dachgeschoss des Juridicums die Tagung 10 Jahre ErbRÄG — Zwischenbilanz und Reformbedarf statt. Sie wurde von Dekanin Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud und Univ.-Prof. Dr. Gabriel Kogler – beide vom Institut für Zivilrecht unserer Fakultät – gemeinsam veranstaltet und war erfreulicherweise ausgebucht.

Auf die Einleitung des Senatspräsidenten des OGH Dr. Gottfried Musger folgten vier Panel, die die unterschiedlichsten Bereiche des neuen Erbrechts zum Thema hatten. Im ersten Panel unter der Leitung von Hofrat des OGH MMag. Gregor Sloboda referierte Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Christiane Wendehorst, LL.M. über (praktische) Fragestellungen bei Formvorschriften von letztwilligen Verfügungen, die das ErbRÄG 2015 mit sich gebracht hat. Univ.-Prof. Dr. Gregor Christandl, LL.M. von der Universität Graz beschäftigte sich mit dem Pflegevermächtnis. Dieses wurde durch das ErbRÄG 2015 neu geschaffen. Auf Basis einer von ihm durchgeführten Umfrage lieferte er vor allem auch sehr interessante Einblicke in die Rezeption des Pflegevermächtnisses in der Praxis. 

Das zweite Panel wurde von Hofrat des OGH Dr. Horst Kikinger geleitet. Univ.-Prof. Dr. Gabriel Kogler behandelte die Enterbung, Erbunwürdigkeit und Pflichtteilsminderung. In seinem Vortrag konnte er die wesentlichen Problemfelder herausarbeiten und unterbreitete konkrete Verbesserungsvorschläge. Dazu zählten insbesondere die Voraussetzungen und Auswirkungen der Pflichtteilsminderung auf andere Pflichtteilsberechtigte, die nach wie vor in Lehre und Rsp nicht geklärt sind. Das ErbRÄG 2015 hat die Stellung von Ehegatt*innen und Lebensgefährt*innen stark reformiert. Die dadurch entstandenen Probleme und Fragestellungen wurden von Univ.-Prof. i.R. Dr. Constanze Fischer-Czermak abgehandelt. Einen Schwerpunkt ihres Vortrags bildete die aufgrund des ErbRÄG 2015 nicht ganz klare Frage, ob und wann die Auflösung der Ehe oder Lebensgemeinschaft die Wirksamkeit einer testamentarischen Einsetzung des*der Ehegatt*in oder Lebensgefährt*in beseitigt. 

Im dritten Panel, das unter dem Vorsitz von Hofrat des OGH Dr. Raphael Thunhart geführt wurde, lag das Hauptaugenmerk auf dem Pflichtteilsrecht und der Deckung des Pflichtteils. Zunächst beschäftigte sich Univ.-Prof. Dr. Christian Rabl in seinem Vortrag mit dem durch das ErbRÄG 2015 geschaffenen und immer noch ungelösten Widerspruch zwischen der Höchstfrist von 5 Jahren bei der Stundung von pflichtteilsdeckenden Zuwendungen und der allgemeinen Regelung der Pflichtteilsdeckung, wonach Beschränkungen und Belastungen – unabhängig von einer Höchstfrist – nur im Rahmen der Bewertung zu berücksichtigen seien. Dabei lieferte er sehr interessante und vor allem anschauliche Einblicke in die Praxis. Danach setzte sich Dekanin Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud mit der Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen sowie der Haftung der Geschenknehmer*innen auseinander, sollte der Pflichtteil nicht von der Verlassenschaft abgedeckt sein. Dabei stellte sie ganz neue Lösungsansätze vor, um die aufgezeigten Unstimmigkeiten innerhalb des Pflichtteilsrechts zu beseitigen. 

Hofrätin des OGH Mag. Daniela Fitz war Panelvorsitzende des vierten und letzten Themenblocks. Das ErbRÄG 2015 hat die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche und Rechte völlig neu geregelt. Die damit entstandenen – vor allem praktischen – Fragen wurden von Univ.-Prof. Dr. Olaf Riss, LL.M. umfassend herausgearbeitet und das entsprechende Verbesserungspotenzial aufgezeigt. Im Anschluss daran lieferte OStA Dr. Ulrich Pesendorfer, stellvertretender Leiter der Abteilung I 1 des Bundesministeriums für Justiz und einer der federführenden Legisten des ErbRÄG 2015, einen Ein- und Ausblick auf aktuelle gesetzgeberische Vorhaben im Erbrecht.